ACC 2015

Air Cargo Challenge 2016

Wie alle zwei Jahre fand Anfang August ein studentischer Wettbewerb, die “Air Cargo Challenge”, statt.

Die “Air Cargo Challange”

Nach dem amerikanischen Vorbild „Design, Build and Fly“ rief die portugiesische Euroavia den Wettbewerb „Air Cargo Challenge“ ins Leben.

Ziel dessen ist es, ein Flugzeug zu entwickeln, welches möglichst viel Nutzlast transportieren können soll. Die Feinheiten des Reglements werden jedes Mal vom Veranstalter, dem letztmaligen Sieger, festgelegt und unterscheiden sich von Wettbewerb zu Wettbewerb. So war dieses Jahr die Akamodell/Euroavia Stuttgart an der Reihe den Wettbewerb auszutragen. Dieses mal haben sie sich ein besonderes Schmankerl einfallen lassen und die Flugaufgabe, die bisher aus

  • mit möglichst viel Nutzlast abheben
  • nach einer Platzrunde unversehrt am Landefeld landen

bestand, noch um eine Streckenflugaufgabe erweitert.

Somit präsentierte sich das Hauptreglement folgendermaßen:

Flugzeug:

  • schwerer als Luft
  • keine bewegliche Flügel
  • Motor: AXI Gold 2826/10
  • Propeller: 13*7 APC Sport
  • Akku: 3s LiXX
  • kein Getriebe
  • muss zerlegt in eine Transportbox passen (1100 x 500 x 400 mm³)
  • muss komplett aufgebaut in ein Quadrat mit 2,5m Seitenlänge passen

Flugaufgabe:

  • Startstrecke: maximal 60 m
  • 30 s Zeit zum Steigen
  • 2 Min Zeit für Streckenflug
  • 100 m Streckenlänge
  • unversehrte Landung auf dem Flugfeld
  • möglichst hohe Nutzlast

Wertung:

1. Die “Design”- Wertung, bestehend aus einem technischen Bericht, einer Präsentation vor Ort und einer technischen Zeichnung des gesamten Flugzeugs
2. Die Flugwertung. Da diese dieses Mal aus zwei Teilen bestand (Nutzlast + geflogene Strecken) wurden die Gesamtpunkte nach dieser Formel errechnet:

Punkte = (Nutzlast [kg] * 2) * (Strecken + a ) * b

a = 2 für gültigen Start und nichtgültige Landung

a = 3 für gültigen Start und gültige Landung

b = 1 für einen gültigen Flug ohne Absturz

b = 0 für Absturz oder Flugzeug verliert Teile während des Flugs

Bonuspunkte gibt es für eine korrekte Nutzlastvorhersage im Bericht und für eine sehr schnelle Beladung des Flugzeugs mit der Nutzlast.

Nachdem wir an der ACC 2013 wegen unseres Speedprojektes “Tanto” nicht teilgenommen haben, wollten wir uns das neue erweiterte Reglement nicht entgehen lassen und haben im September 2014 beschlossen, wieder teilzunehmen.

Zuerst haben wir das Reglement intensiv diskutiert und geprüft, um einen Gesamtüberblick zu bekommen und späteren Problemen mit dem Reglement aus dem Weg zu gehen.

Eine erste Analyse der Ergebnisformel zeigte, dass eine höhere Nutzlast mehr Punkte bringt, als eine höhere Anzahl geflogener Strecken.

Zum Beginn des Designprozesses einigten wir uns auf eine konventionelle Flugzeugkonfiguration mit V-Leitwerk, zum einen weil unsere Berechnungsmethoden dafür bereits bei den ACC 2011 und 2013 validiert wurden und zum anderen weil andere Konfigurationen keine Vorteile versprachen.

Der nächste Schritt sah das Programmieren einer Flugleistungssimulation mit Parametervariation vor. Dies sollte uns die optimalen Konfigurationsparameter (Flügelfläche, Flügelstreckung, Flügelprofil, Verhältnis Flügel- zu Höhenleitwerksfläche…) aufzeigen.

Die Simulation setzt sich aus mehreren Teilen zusammen und läuft zusammengefasst folgendermaßen ab:

1. Festlegung eines Parametersatzes

2. Berechnung der Aerodynamik (welcher Auftrieb bei welcher Geschwindigkeit bei welchem Widerstand)

3. Berechnung der Masse des Flugzeugs (welcher Flügelaufbau ist nötig…)

4. Simulation des Startes ->maximale Nutzlast (mit wie viel Nutzlast hebt der Flieger noch innerhalb der 60m ab)

5. Simulation des Streckenfluges ->maximale Streckenanzahl (wie viel Strecken schafft der Flieger)

Die ersten Ergebnisse waren für uns nicht überraschend. Da durch das Reglement die maximale Spannweite festgesetzt ist (2,5 m Quadrat), musste die Flügelfläche durch eine größere Flügeltiefe erreicht werden, um eine Flächenbelastung vergleichbar mit vorangegangenen Wettbewerbsmodellen zu erreichen, die noch keiner Spannweitenlimitierung unterlagen.

Steffi in the Box 2,5 x 2,5 m

Die Parametervariation zeigte die höchste Punktzahl bei Flügelfläche größer 2 m² an.

Somit ergab sich eine Flügelstreckung (Verhältnis von Spannweite zu mittlerer Flächentiefe) von ~6.

Da der induzierte Widerstand auf Grund der geringen Streckung stark ansteigt, beschlossen wir ein Doppeldeckerkonzept mit der Simulation zu erproben. Bei gleicher Spannweite und Flügelfläche ergibt sich (zumindest geometrisch) die doppelte Streckung.

Wir benutzten die Ergebnisse einiger NACA-Reports, um die gegenseitige Beeinflussung der Tragflächen abschätzen zu können und in der Simulation zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse dieser Simulation waren vielversprechend. Nicht nur die maximale Punktzahl (sowohl Anzahl an Strecken als auch maximale Nutzlast), sondern auch das maximale Kurvenlastvielfache lässt sich im Vergleich zum Eindecker steigern, was ein deutlich besseres Handling im Streckenflug liefert.

Als bestes Flügelprofil stellte sich während der Simulationsläufe unser Profil von 2011, ein modifiziertes Selig S1223 heraus.

Erstaunlicherweise lag die Flügelgeometrie von 2011 ebenso nahe an der Geometrie der optimalen Konfiguration.

So fiel die Entscheidung, einen Doppeldecker zu bauen und dafür die Flügelformen von 2011 zu verwenden. Dadurch ersparten wir uns erheblichen Arbeitsaufwand, da keine neuen Formen nötig waren (immerhin mussten sechs Flügelteile gebaut werden!).

Um im Streckenflug den schädlichen Widerstand weiter zu reduzieren und damit höhere Geschwindigkeiten erreichen zu können, wollten wir eine Möglichkeit vorsehen, um das Flügelprofil zu entwölben.

Das Selig-Profil weißt vor allem auch im hinteren erreich eine starke Wölbung auf, würde man es mit einer normalen Klappe entwölben, ergäben sich erhebliche Konturunstetigkeiten als Lösung hierfür entwickelten wir eine zweifache Klappe, die durch eine relativ einfache Kinematik, nur über ein Servo angesteuert werden kann. So entstehen nun deutlich geringere Unstetigkeiten am Profil.

Damit stand unser Konzept fest:

  • Doppeldecker
  • Pendel-V-Leitwerk
  • Doppelklappe an beiden Flügeln

Der Aufbau der Struktur geschah in AkaModell-typischer Faserverbund-Sandwichbauweise – hierbei sei auf die Projekte der Vorjahre verwiesen.

Das Konzept zur schnellen Fahrwerks und Payload-Anbindung via Schnappmechanismus wurde von 2011 übernommen und nochmal verbessert und erwies sich als sehr zuverlässig!

Einzig eine Payloadverkleidung wurde noch hinzugefügt, die auch zugleich das Verdrehen des Flugzeugs gegenüber des Fahrwerks verhindern sollte. Die Relativbewegung zwischen Fahrwerk und Rumpf erwies sich 2011 als Problem.

Mit dem fertigen Flugzeug, aka Steffi V2, verpackt in die vorgeschriebene Transportbox ging es so am Donnerstagabend nach Stuttgart. Nach einem herzlichen Empfang freute sich das Team nach den vorangegangenen nächtlichen Bauaktionen auf eine erholsame Nachtruhe. Am nächsten Morgen startete der Tagesablauf pünktlich um 8.00 mit den Teampräsentationen. Hier konnten wir vollauf punkten und platzierten uns nach der Präsentationsrunde (mit den Punkten aus Report und Bauwertung) am Ende des ersten Tages auf dem ersten Rang.

Unser geschätzter Akamodeller Franz bei der Präsentation

Diesen Platz konnten wir auch am darauffolgenden Flugtag auf dem Platz des MFV Böblingen verteidigen. Dabei legte unser Team, was die Gewichtswertung, als auch die geflogenen Strecken anbelangte gut vor – und die übrigen Teilnehmer hatten Mühe mitzuhalten.

Am Sonntag blieben wir weiterhin in Führung und konnten sogar das Maximale Payload Gewicht im gesamten Wettbewerb erfliegen. Jedoch arbeitet sich im Verlauf des Sonntags das Team unserer Kollegen aus Zagreb immer näher an unseren Punktestand heran – und konnte uns schließlich in einem „alles oder nichts“ Wertungsflug im letzten Durchgang die Führung abnehmen.

Die Steffi während eines Wertungsflugs

Trotz einem hervorragenden zweiten Platz und einem grandiosem Gesamtergebnis blieb natürlich ein kleiner Wehrmutstropfen zurück– wähnten wir uns dem Sieg doch so nahe! Dem kroatischen Team können wir zum Sieg dennoch nur vollstens gratulieren – ein gut ausgelegtes Fluggerät, ein nervenstarker Pilot und volles Risiko beim letzten Flug verdienen unseren höchsten Respekt.

Schlussendlich stand jedoch nicht nur das wettkampfmäßige Messen mit Studienkollegen aus ganz Europa im Vordergrund – sondern auch das Pflegen alter- und das schließen neuer Freundschaften.

Die Steffi während eines Wertungsflugs

Zusammenfassend war die Teilnahme an der Air Cargo Challenge 2015 nicht nur fachlich eine Herausforderung, sondern auch eine tolles Gemeinschaftserlebnis mit einem abschließenden, wunderbaren Wochenende in Stuttgart, das uns noch lange in Erinnerung bleiben wird!